2D-Berechnung einer Renaturierungsmaßnahme am Kocher in Aalen
Die Stadt Aalen renaturierte 2014/2015 einen geradlinig verlaufenden Abschnitt im Oberlauf des Kochers. Der Flusslauf erhielt ein neues, naturnah und durchgängig gestaltetes Bett, mit dem sich die Fließlänge von 540 m auf 680 m verlängerte. Hydrotec konnte mit einer detaillierten 2D-Simulation, den Retentionsraum nachweisen, der mit dieser Maßnahme im Überschwemmungsgebiet HQ100 entstand. Das gewonnene Rückhaltevolumen steht im Gemeindegebiet als Ausgleich für andere Bauvorhaben zur Verfügung.
Zusammenfluss von Schwarzem und Weißem Kocher nach Umsetzung der Renaturierungsmaßnahme
Der bisherige geradlinige
Verlauf führt im Hochwasserfall zu Ausuferungen.
Renaturierung im Oberlauf des Kochers
2014 renaturierte die Stadt einen Abschnitt des Kochers im Bereich des Zusammenflusses der Quellflüsse Schwarzer Kocher und Weißer Kocher. Der bisherige gradlinige Verlauf des Kochers wurde verlegt und von 540 auf 680 m verlängert. Insgesamt wurden 17.000 m² Gewässerfläche mit einem vielfältig strukturierten Flussbett, naturnahen Uferzonen und Gewässerrandstreifen gestaltet.
Die Maßnahme umfasste auch den Umbau von zwei im Abschnitt liegenden Wehrabstürzen in fischdurchgängige raue Rampen. Eine Begrünung und Bepflanzung im Frühjahr 2015 bildeten den Abschluss des Projektes.
2D-Simulation quantifiziert zusätzliches Retentionsvolumen
Im renaturierten Zustand ist der Gewässerverlauf länger als zuvor, der Gewässerquerschnitt breiter und die Gewässersohle naturnah gestaltet. Dementsprechend nimmt der Renaturierungsbereich bei einem Hochwasser mehr Wasser auf als zuvor und entlastet die unterhalb liegenden Gebiete. Die genaue Zahl der gewonnenen Kubikmeter bei einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ100) wies Hydrotec anhand einer
2D-Simulation nach.
Aus der Ermittlung der Hochwassergefahrenkarten für das Einzugsgebiet des Kochers existierte bereits ein stationäres 2D-Modell, das den Zustand vor der Renaturierungsmaßnahme abbildete. Demnach bietet der betroffene Bereich ein Retentionsvolumen von 7.000 m³.
Mit der Renaturierung schafft
die Gemeinde ein Rückhaltevolumen
von 3.000 m³.
Anhand von topografischen Daten, die die Stadt nach Abschluss der Umgestaltung aufnahm, aktualisierten wir dieses Modell und rechneten die Wasserspiegellagen für ein HQ100 nach. Die Berechnungsergebnisse wurden nach den Vorgaben für die HWGK in Baden-Württemberg aufbereitet und analysiert.
Der Vergleich der Ergebnisse zeigte, dass die Renaturierung einen Gewinn von 3.000 m³ zusätzlichem Rückhalteraum brachte.
Dreifach-Nutzen für die Kommune
Die Stadt Aalen profitiert von dieser Maßnahme in dreierlei Hinsicht:
- Der Hochwasserschutz für die Siedlungs- und Gewerbebereiche wird verbessert.
- Neue Naturräume stehen zur ökologisch vielfältigen Entwicklung von Fauna und Flora zur Verfügung und kommen auch den Bürgern und Bürgerinnen zugute.
- Die Stadt kann Retentionsraum nachweisen, der als zusätzliches Ausgleichs-Volumen Spielraum für die weitergehende Planung von Siedlungs- und Gewerbeflächen bietet.
Dipl.-Geogr. Lisa Friedeheim, Dr.-Ing. Ellen-Rose Trübger