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26.11.2020
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N-A-Modell Emscher zum geplanten Retentionsraum Zoom mit hydrodynamisch berechneten Elementen

Der Hüller Bach beeinflusst das Hochwassergeschehen in der Emscher maßgeblich. Ein neues Rückhaltebecken auf dem Gelände des Zoos „Zoom Erlebniswelt“ in Gelsenkirchen soll zukünftig zum Hochwasserrückhalt beitragen – auch im Hinblick auf Risiken durch den Klimawandel.

Das komplexe Fließsystem des Mündungsbereichs hat Hydrotec im Auftrag der Emschergenossenschaft mit NASIM abgebildet. Dazu wurde die in NASIM implementierte hydrodynamische Berechnungskomponente „HDR“ eingesetzt.

Sie ermöglicht die integrierte Simulation von dynamischen Fließvorgängen. Zusätzlich erhielt NASIM neue Funktionen zur Abbildung von Bauwerkssteuerungen. Die Modellstudie liefert wichtige Erkenntnisse über die Interaktion der Abflussprozesse in den Gewässern. Damit trägt sie zur Absicherung der Planungen und des zukünftigen Betriebs bei.

Gefahr durch versiegelte Flächen

Durch den hohen Versiegelungsgrad in den Einzugsgebieten des Emschersystems entstehen schnell ansteigende Hochwasserwellen.

Das dicht besiedelte Gebiet weist ein hohes Hochwasserrisiko auf, das sich durch den Klimawandel noch verschärfen kann. Die
Emschergenossenschaft trägt die Verantwortung für ökologische Entwicklung und die Hochwassersicherheit der Gewässer und setzt dazu zahlreiche innovative Projekte um.

Komplexes Gewässersystem im Herzen des Ruhrgebiets

Das geplante HRB auf dem Gelände des Zoos „ZOOM Erlebniswelt“ soll den Hochwasserschutz im Emschersystem verbessern.

Der Hüller Bach unterquert kurz vor seiner Mündung in die Emscher mit einem Dükerbauwerk den Rhein-Herne-Kanal. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt das Areal der Afrikawelt des Zoos Gelsenkirchen, das als multifunktional nutzbare Fläche ein Volumen von 167.000 m³ für den zusätzlichen Hochwasserschutz bietet.

Der Zufluss in die Emscher soll mithilfe eines zu bauenden gesteuerten Drosselbauwerks auf maximal 45 m³/s geregelt werden.

Bei bestimmten Hochwassersituationen (z. B. bei HW100 in der Emscher und HQ50 im Hüller Bach) kommt es im Hüller Bach zu einem Rückstau. Über eine Überlaufschwelle fließt das Hochwasser dann – unter Berücksichtigung entsprechender Sicherheitsvorkehrungen – auf das HRB im Gelände des Zoos. Nach Ablauf der Hochwasserwelle wird das Becken mit einem Grundablass wieder in den Hüller Bach geleert.

Zusätzlichen Rückhalt bieten das kleinere oberhalb gelegene Becken HRB Grimbergstraße (Retentionsraum 1) sowie der  Flussschlauch des Hüller Bachs selbst.

N-A-Modellierung mit hydrodynamischem Anteil sichert Planungen ab

NASIM bietet seit Version 4.7.2 die Option, den Abfluss einzelner Systemelemente hydrodynamisch über den Ansatz der diffusen Welle zu berechnen. Damit lassen sich komplexe Fließvorgänge sehr detailliert abbilden.

In diesem Projekt ging es darum, die Überlagerung von Hochwasserwellen und das Rückstauverhalten im Hüller Bach sowie aus der Emscher in die Nebenläufe zu untersuchen.

Folgende Prozesse wurden im Rahmen des Projekts analysiert:

  • Füllungs- und Entleerungsverhalten des HRB
  • Verfügbares Rückhaltevolumen
  • Wasserspiegelverlauf
  • Überlagerung/Einfluss auf die Abflusswelle in die Emscher

Die ursprünglichen Planungen für die Genehmigung der Hochwasserschutzeinrichtung basieren auf Modellierungen mit NASIM und dem 1-D-stationären Hydraulikmodell Jabron. Diese Berechnungen lassen sich mit der aktualisierten NASIM-Version in einem einzigen Modell überprüfen und ggf. optimieren.

Integration der hydrodynamischen Elemente in den NASIM-Systemplan

Zunächst war der vorhandene NASIM-Systemplan zu aktualisieren. Der Hüller Bach wurde von der Mündung bis km 3,25 hydrodynamisch abgebildet und auch die Elemente der Emscher wurden 2,5 km oberhalb und 3 km unterhalb hydrodynamisch modelliert.

N-A-Modell Emscher zum geplanten Retentionsraum Zoom

In das bestehende N-A-Modell (links) wurden hydrodynamisch zu modellierende Elemente integriert (rechts), um die dynamischen Fließvorgänge korrekt abzubilden.

Die restlichen Gewässerelemente wurden wie bisher hydrologisch berechnet. Dazu waren die Systemelemente im Mündungsbereich zu verfeinern. Die Retentionsräume wurden detailliert mit den Überlaufhöhen am Einlauf, den Grundablässen, Drosselabflüssen und Notentlastungen abgebildet. Auch potenzielle Rückströmungen wurden vorgesehen.

Eine Modellregensimulation zeigte, dass die Ergebnisse des teilweise hydrodynamischen Modells gut mit den hydrologischen Ergebnissen aus der Genehmigungsplanung übereinstimmen.

Langzeitsimulation mit steuerbarem Drosselbauwerk

Zur Modellierung des Füllungs- und Entleerungsverhaltens des HRB-Systems diente eine Langzeitsimulation über die Jahre 1950 bis 2016 – durchgeführt mit den Belastungsdaten benachbarter Messstationen.

N-A-Modell Emscher Retentionsraum Zoom

Jedes Schütz des geplanten Drosselbauwerks wurde als einzelnes steuerbares Element modelliert.

Das Drosselbauwerk wurde direkt als Gerinneelement mit steuerbarem Schütz inklusive Eingabe der Steuerregeln modelliert. Diese Funktion wurde für dieses Projekt in NASIM ergänzt und ist seit Version 4.6. verfügbar. Die Simulation erfolgte in einem 1-Minuten-Zeitschritt, um eine kurzzeitige Schützsteuerung zu ermöglichen. Als Zielgröße wurde ein Drosselabfluss von 45 m³/s festgelegt.

Der Steuerungsalgorithmus modelliert das Öffnen oder Schließen der Schütze in Abhängigkeit vom Abfluss, der  Wasserspiegelhöhe und dem aktuellen Stand des Schützes. Zusätzlich gilt: Je weiter das Schütz geöffnet ist, desto schneller  fährt es herunter.

Mit dem N-A-Modell Emscher zum geplanten Retentionsraum Zoom lässt sich das Verhalten der Zu- und Ausflüsse der Retentionsräume untersuchen. Es zeigt sich, dass  Retentionsraum 1 bei einem Hochwasser der Emscher bereits durch Rückstau vorgefüllt ist. Die Retentionskapazität für den  Hüller Bach nimmt in diesem Fall also ab.

Der Retentionsraum 2 (Afrika-Welt des ZOOM) wird bei den untersuchten  Wasserständen der Emscher nicht vorgefüllt. Es gilt: Je höher der Wasserstand in der Emscher, desto mehr Retentionsvolumen  der Hochwasserwelle des Hüller Bachs wird aufgenommen, da der Wasserspiegel der Emscher die Schwellenhöhe zum Überlauf in das Becken schneller erreicht.

HDR-Modellierung Hüller Bach und Emscher

N-A-Modell Emscher zum geplanten Retentionsraum Zoom

Mit NASIM ließ sich die Bauwerkssteuerung zur Drosselung des Zuflusses in die Emscher (türkise Linie) gut abbilden.

Abschließend wurde das aktualisierte N-A-Modell des Hüller Bachs in das Modell der Emscher integriert, um das Verhalten des gesamten Mündungsbereichs zu untersuchen. Dazu wurde ein Extremereignis aus der Langfristsimulation gewählt, das am 4./5. August 1982 auftrat.

Für dieses Ereignis zeigte sich, dass sich die Hochwasserscheitel der Emscher und des Hüller Bachs nicht überlagern, sondern zwei Stunden zeitversetzt ablaufen. Rückstaueffekte aus der Emscher in den Hüller Bach sind nicht zu beobachten.

Weitere Untersuchungen zur Anpassung an den Klimawandel

Das Projekt N-A-Modell Emscher zum geplanten Retentionsraum Zoom wurde von der Emschergenossenschaft fortgesetzt, um zu untersuchen, wie sich das System bei möglichen Extremereignissen verhält. Dazu wurde das N-A-Modell mit einem Ereignis beaufschlagt, wie es im August 2010 im westlichen Münsterland auftrat. Dabei fielen vom 1.8. bis 27.8.2010 flächendeckend rd. 250 mm Niederschlag. Die Jährlichkeit des
Ereignisses lag weit über 100 Jahre.

Es zeigt sich, dass zukünftig das HRB Zoom eine wichtige Rolle für den Hochwasserrückhalt spielt und als multifunktionale Fläche einen wichtigen Beitrag zur Hochwasserresilienz des Emschereinzugsgebiets beiträgt. Die Ergebnisse dieser  Untersuchungen wurden im Rahmen des Tags der Hydrologie in Potsdam 2020 vorgestellt (vgl. Johann, G. & Krüsken, B., 2020: Multifunktionale Flächennutzung für den Hochwasserschutz am Beispiel des Zoos in Gelsenkirchen. In: Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung Heft 42.20, TdH 2020, Potsdam).

In einer aktuellen Studie analysiert Hydrotec, wie sich die Hochwasserscheitel der Emscher und ihrer Nebenflüsse zeitlich  verhalten. Dabei werden die Rückstauverhältnisse und Wellenüberlagerungen im Emschersystem mit NASIM herausgearbeitet.

Dr. rer. nat. Eva Loch, Dipl.-Ing. Johannes Rohde