In der Praxis haben diese Daten meist keinen direkten geografischen Bezug, da die Beschreibung der Örtlichkeit in der WSV üblicherweise über die Gewässerstation erfolgt. Der Pegel Köln z. B. erhält die Zuordnung „Rhein bei Station 688,1“ (siehe Abb.). Häufig zeigen Schilder an den Bundeswasserstraßen die BWaStr-Station an, sodass sie allein daher einem breiten „Anwenderkreis“ geläufig ist.
Die technische Grundlage zur Nutzung dieser indirekten Raumbezugsdaten für geografische und kartografische Auswertungen ist in geografischen Informationssystemen seit Längerem vorhanden. Das sog. „Linear Referencing“-Modell wird beispielsweise von ArcGIS, Oracle-Spatial oder auch von PostGIS gut unterstützt.
Praktisch war die Nutzung dieser Daten im GIS bisher aber nicht möglich, da die erforderliche Datengrundlage fehlte: ein Gewässernetz mit den dazugehörigen BWaStr-Stationen.
Das Gewässernetz selber ist damit ein relativ einfacher und schlanker Datenbestand: Er enthält die Bundeswasserstraßen als Linienobjekte inklusive der zugehörigen Stationierungen. Die eigentliche Kraft entfalten diese Daten erst im Zusammenwirken mit den in der WSV schon seit Jahren verfügbaren stationierten Daten.
Das Bundesverkehrsministerium hat die BfG in Koblenz damit beauftragt, ein solches Gewässernetz zu erstellen. Eine WSV-Arbeitsgruppe mit Vertretern der Wasserschifffahrtsdirektionen und des Dienstleistungszentrums IT (DLZ/IT) begleitete das Vorhaben.
Hydrotec erhielt von der BfG den Auftrag, die Projektabwicklung in den folgenden Punkten fachlich und organisatorisch zu betreuen:
Der Projektplan sah räumlich gegliederte Bearbeitungsphasen vor, die inhaltlich jeweils in Datenbeschaffungs-, Bearbeitungs- und Qualitätskontrolltätigkeiten aufgeteilt waren. Da Bearbeitungsbereiche mit hoher Priorität zu Projektbeginn identifiziert wurden, konnten diese jeweils rechtzeitig bereitgestellt werden.
Das Ausgangsmaterial lieferten zentralisierte Datenbanken sowie Datenbestände der verschiedenen Dienststellen:
Die Bearbeitung erfolgte auf Basis der Verwaltungsvorschriften VV-WSV 1103 und VV-WSV 2601
Das bearbeitende Büro erhielt die konsolidierten Grunddaten und erarbeitete daraus anhand von Automatismen und Digitalisierungen das Gewässernetz als ArcGIS-Datensatz. Hydrotec führte vor der Freigabe der Daten eine Qualitätskontrolle hinsichtlich der potenziellen Fehlerquellen in den Gewässernetzdaten bezüglich des Verlaufes der Gewässerlinien, ihrer Abgrenzung zueinander, der verwendeten Stationierungen und der GIS-technisch korrekten Aufarbeitung durch.
Die Kontrolle erfolgte zum einen visuell und zum anderen automatisiert anhand von als ArcGIS-Tools entwickelten Prüfprogrammen. Sie überprüften Plausibilitäten, die korrekte und vollständige Übernahme der Grunddaten sowie den topologisch korrekten Bezug der Gewässernetzlinien zueinander.
Die gefundenen Fehler wurden in einem Ticketsystem (Bugtracker) verwaltet, einem Werkzeug, das üblicherweise in der Softwareentwicklung eingesetzt wird, um Fehler und Anforderungen zu verwalten. Realisiert als Internetplattform, ermöglichte der Bugtracker eine effiziente und nachvollziehbare Kommunikation über die gefundenen Defizite sowie über den Bearbeitungsstand bei der Behebung zwischen den Projektbearbeitern.
Entdeckte Inkonsistenzen und Fehler in den Datengrundlagen wurden am Ende der jeweiligen Projektphasen den datenerhebenden Stellen in der WSV mitgeteilt und mündeten jeweils in Verbesserungen dieser Datenbestände.
Der Vorteil des GIS-kompatiblen Gewässernetzes liegt vor allem in den erweiterten Nutzungsmöglichkeiten bereits vorhandener Datenbestände der WSV.
Im Rahmen des Projektes wurden einige zusätzliche Anwendungen des Gewässernetzes direkt erarbeitet: Die Abgrenzungen der Wasserschifffahrtsämter und -direktionen, Wasserstraßenklassen und Stauhaltungen wurden als Fachdatentabellen erhoben, die auf Basis des Gewässernetzes direkt im GIS visualisierbar und auswertbar sind.
Daten zu Anlegestellen und Häfen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) wurden aufbereitet. Destatis beabsichtigt das Gewässernetz in Zusammenhang mit Routing-Methoden einzusetzen, um Auswertungen über die auf den Bundeswasserstraßen zurückgelegten Entfernungen durchführen zu können.
In der WSV hat die Nutzung des Gewässernetzes als ein Werkzeug des täglichen Gebrauchs begonnen. Das wurde bereits bei einem Kolloquium bei der BfG im Januar 2009 deutlich, in dessen Rahmen einige Referenten der WSV Anwendungsbeispiele präsentierten u. a. aus den Arbeitsbereichen:
Dipl.-Math Benedikt Rothe, Dipl.-Ing. Ulrich Wolf-Schumann