NASIM-HDR-Modell eines durch Siel- und Schöpfwerke regulierten Einzugsgebiets
Das in Ostfriesland gelegene Große Meer ist ein natürlicher Flachsee mit einer Fläche von ca. 350 Hektar. Es ist durch Nährstoffeinträge von Eutrophierung bedroht.
Hydrotec bekam 2020 vom Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems den Auftrag, das Einzugsgebiet des Sees mit NASIM modelltechnisch abzubilden. Die Untersuchung war Teil eines Gesamtprojekts mit mehreren Büros und Institutionen. Die Teilergebnisse fließen in ein limnologisches Gutachten ein, aus dem wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Nährstoffsituation abgeleitet werden sollen (Planungsbüro Koenzen/lanaplan).
Ziel unserer Modelluntersuchungen war, ein besseres Verständnis der hydrologischen und hydraulischen Vorgänge im Einzugsgebiet des Großen Meeres zu erhalten. Dadurch lässt sich die Wirkung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen besser abschätzen, um eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu erreichen.
Ansprechperson: Dipl.-Ing. Heike Schröder
Sanierungskonzept aus 2000 aktualisieren
Neben seinem ökologisch hohen Stellenwert dient das Große Meer als großes Speicherbecken für den Hochwasserschutz und stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor im Tourismus dar. Unter anderem aufgrund der geringen Wassertiefe von max. 1 m und der erforderlichen Regulierung des Wasserhaushalts durch Siel- und Schöpfwerke (der Großteil des Einzugsgebiets liegt unter Normalnull) leidet die Ökologie des Sees.
Der ursprünglich nährstoffarme Klarwassersee führt heute sehr nährstoffreiches Seewasser, das durch Algen und Schlamm eingetrübt ist. Die Uferbereiche verlanden und verbuschen zunehmend und viele typische Tier- und Pflanzenarten sind verschwunden. Um diese Situation zu verbessern, wurde bereits im Jahr 2000 ein Sanierungskonzept erarbeitet. Es soll jetzt anhand der Ergebnisse der aktuellen limnologischen Studie aktualisiert und ergänzt werden und eine Basis für weitere zielgerichtete Planungen und Maßnahmen am Großen Meer bilden. Als Grundlage wurden hydrologische und hydraulische Berechnungen für verschiedene Lastfälle durchgeführt und die zugehörigen Nährstoffströme bilanziert.
NASIM als Software zur Modellierung des stauregulierten Einzugsgebiets
NASIM ist für diese Modellierungsaufgabe hervorragend geeignet, weil alle zu untersuchenden Aspekte in einem einzigen Modell integriert betrachtet werden können:
- Abbildung der gesamten Wasserhaushaltsbilanz im Einzugsgebiet (Berücksichtigung von Bodenzone und Bewuchs)
- Abbildung der Fließvorgänge mit dem hydrodynamischen Rechenkern (Fließumkehr, Rückstau, Abflussaufteilung)
- Steuerung von Bauwerken über die Angabe von Regeln (z. B. wasserstandsgesteuerte Wehrstellung)
- Kalibrierung des Modells anhand von Abfluss- und Wasserstandmesswerten
- Bilanzierung von Nährstofffrachten (Phosphor, Chlorid, Stickstoff) für festgelegte Zeiträume und Szenarien
Mit dem in NASIM implementierten hydrodynamischen Rechenkern (HDR) lassen sich die hydraulischen und hydrologischen Vorgänge in dem Modell gemeinsam abbilden und berechnen. Der 1D-Berechnungsansatz basiert auf der diffusen Wellenapproximation.
Komplexes N-A-Modell aufbauen
Der Untersuchungsraum war zunächst so abzugrenzen, dass eine Bilanzierung der Zu- und Abflüsse für das Einzugsgebiet des Großen Meeres möglich war. Das 148 km2 große Modellgebiet wurde in 33 kleinere Teileinzugsgebiete unterteilt.
Ihre Größe orientiert sich an der Gewässerstruktur, den Poldergebieten und den zu erwartenden Fließzeiten im Einzugsgebiet. Stauanlagen, Seen oder Pumpwerke werden in NASIM als Speicherelemente mit Volumen und Drosselabfluss modelliert. Der integrierte hydrodynamische Ansatz (HDR) bietet die Möglichkeit, den Zufluss und den Drosselabfluss zu einem Speicherelement über ein steuerbares Wehr abzubilden, das in Abhängigkeit vom Unterwasserstand den Zufluss (oder Abfluss) berechnet. Dadurch ist die Fließumkehr darstellbar.
Das Große Meer ist über die vier Stauwehre mit dem umliegenden Gewässernetz verbunden. Diese Verbindungen wurden über steuerbare Wehre mit den Kenndaten der realen Wehre abgebildet. Die vorgegebenen Sommer- und Winterpegelstände wurden als Unterwasserstand am Gebietsauslauf definiert.
Gewässersystem hydrodynamisch modelliert
Zur Abbildung des Gewässersystems im Einzugsgebiet wurden die Hauptabflusswege identifiziert und in NASIM als Transportelemente abgebildet. Das Gewässernetz ist jedoch an vielen Stellen verbunden, sodass auch eine Umkehr der Fließrichtung möglich ist. Für die Aufstellung der Wasserbilanz war es elementar, dieses Verhalten korrekt abzubilden. Die Fließvorgänge in den Gewässerabschnitten wurden mithilfe der in NASIM integrierten 1D-hydrodynamische Berechnungsmethode berechnet. Dazu wurden von der Jade-Hochschule vermessene Querprofile in Jabron aufbereitet. Die Profilinformationen wurden über eine xml-Datei wiederum an NASIM übergeben.